Samstag, August 19, 2006

Grass ästhetisch betrachtet

zum thema g. grass ist in letzter zeit aus gutem grund viel gesagt und geschrieben worden, beispielsweise hier, hier und hier oder ü-b-e-r-a-l-l. die meisten der angeführten meinungen, sind sich darin einig, daß grass' lebensbeichte weder eine sei, noch daß sie zur rechten zeit komme (oder eben gerade doch!), noch daß sie ausreichend sei. die kritik an grass ist mannigfaltig; ihm wird sowohl wirtschaftliches kalkül vorgeworfen, um seine aktuelle biographie zu verkaufen, als auch der impuls die debatte um seine mitgliedschaft in der waffen-ss jetzt, kurz vor seinem tod, noch steuern zu können. manche werfen ihm auch heuchelei im bezug auf seine vergangenheitsbewältigende bzw abrechnende literatur vor. was grass jedoch mehr als die stimmen seiner kritiker zu denken geben sollte, sind die stimmen derer, die ihn für seinen schritt loben, i.e. walter jens und martin walser.

all dies ist bekannt und zur genüge abgearbeitet, aber ein kritikpunkt an gg ist noch nicht beachtet worden und - ich sag es mal ganz naßforsch - man hätte wissen können, daß mit dem grass nicht alles in ordnung ist. denn er ist oberlippenbartträger! und das schon immer gewesen! ok, nicht seit immer, aber wahrscheinlich seit dem er 20 oder so ist. macht ihn, daß zu einem schlechteren menschen? nein, natürlich nicht, es macht ihn nur zu einem unter vielen. aber das wollte er ja nie sein, er strebte intellektuelle und moralische führerschaft an, mit pfeife und rotwein, statt bier und zigaretten.
bild von hier ausgeliehen
grass verliert durch sein geständnis die moralische vorreiterrolle, für die ihn viele bewundert und gelobt haben, manche haben ihn auch dafür verabscheut. aber das können auch mal die falschen sein.

gibt es also einen direkten zusammenhang zwischen grass' schnauzer und seinem moralischem und weltanschaulichem wandel? ich behaupte nicht, daß günter grass ein strammer linientreuer nazi war, aber einer von vielen. der antibürgerliche impuls, der gg zur waffen-ss trieb, muß irgendwann umgeschlagen sein, um aus ihm den bourgeoisen kritiker und moralapostel zu machen, der er zeit seines lebens vorgab zu sein. (links)liberal, der aufklärung verpflichtet, hedonistisch; wie wir jetzt wissen, nicht wegen, sondern trotz nationalsozialismus, antisemitismus und rassismus; aber auch wegen seines schnauzers.
hinter seinem oberlippenbart versteckte grass sein moralisaure apelle generierendes schandmaul, das von
bild von hier ausgeliehen
seinen erfahrungen in der waffen-ss nur das beste in den neuen staatstragenden links-liberalismus rettete.
vielleicht schaffte es die wahrheit (grassens wahrheit) aber auch einfach nicht durch das geflecht aus grauer werdenden haaren? vielleicht sprach gg die wahrheit über seine vergangenheit auch schon am 9. mai 1945 aus oder anläßlich der nobelpreisverleihung 1999? ist grass am ende gar opfer seines eigenen mangels an stilbewußtsein geworden? man weiß es nicht!

sicher jedoch ist, daß er offen vor sich her trug, daß etwas mit ihm nicht stimmt. nicht nur deswegen, wäre es längst an der zeit gewesen, nicht nur gg,sondern allen schnauzbartträgern ein beherztes "der bart muß weg!" oder mahnendes "wir sind die glattrasierten!" oder wahlweise "wir sind die dreitagebartfraktion!" entgegenzurufen.

bild von hier ausgeliehen

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

eine völlig neue kritik in dieser abgelutschten diskussion. das da auf dem letzten foto ist aber nicht ss-günni, sondern der herr kienzle vom zdf. mahlzeit und 8 punkte.

Julius Firefly hat gesagt…

Was blieb ihm denn als deutscher Intellektueller anderes übrig (wie ihm schon als deutscher Jugendlicher nichts anderes übrig blieb)?

8 Punkte

(Und Lizas Welt hat das Grass-Bild aus mein' Blog, da ich selbiges eigenhändig von einem Rand befreite und es anderswo eben nur anders zu finden ist. Aber das mit dem Rand nur am Rande. Bin auch nicht nachtragend oder mißgünstig oder so. Aber trotzdem.)

Buttercup hat gesagt…

Sehr schön, 8 Punkte!