Dienstag, November 07, 2006

Fußball und Rassismus

Zwei Themen die zumindest vom Selbstverständnis der Fußballfunktionäre und der Fans nichts miteinander zu tun haben (sollen). Häh? Naja, zumindest was die Funktionäre betrifft. Häh? OK OK, eigentlich gehören sie zusammen wie Pech und Schwefel.

Zumindest öffentlich taucht dieses Zusammenspiel nur auf, wenn mal wieder Spieler beleidgt werden, wie zuletzt in Rostock, Halle, Cottbus und Aachen. Daß in Aachen gleich beide Fanblöcke auffielen (der von Borussia Mönchengladbach und eben der von Alemannia Aachen), mag ein pikantes Detail sein oder eben viel mehr.

Eine gänzlich neue Dimension, die nach Aussage von TuS Makkabi Berlin so neu nicht ist, ist die Zuschauer-, Heimtrainerin- und Schiedsrichterleistung beim Spiel zwischen VSG Altglienicke und TuS Makkabi. Das dortige Ausmaß an Pöbeleien, Bedrohungen und Drei-Affen-Mentalität ist schon ein ganz schöner Hammer gewesen. Lizas Welt berichtete dazu ausführlich.

Die Reaktion des DFB scheint zumindest auf das Spiel in Aachen bezogen ausreichend, manche mögen sie auch als happig bezeichnen, sie dienen jedoch bei weitem nicht dazu, zivilisatorische Mindeststandards für Fußballstadien einzuhalten bzw -führen, sondern sind bestenfalls Alibihandlungen, um nach der "Super"-WM nicht direkt wieder die Fratze des häßlichen Deutschen die (inter)nationale Debatte bestimmen zu lassen. Das relativ harte Vorgehen des DFB wird v.a. an Theo Zwanzigers Haltung und Verlautbarungen festgemacht, ob er deswegen gleich, wie es manchmal der Tonfall der Kommentatoren nahelegt, zum ersten Antifaschisten der Bundesrepublik gekürt werden muß, bleibt fraglich. Das Verhalten des DFB und seines Vorsitzenden ist zwar rührig und auch irgendwie beruhigend, nur nicht das harte antirassistische oder antiantisemitische Durchgreifen für das es viele Journalisten gerne halten. Was soll der DFB und sein Spitzenfunktionär denn auch sonst machen, sollen sie diese Vorkommnisse auch noch gut heißen?

Aber so ist es halt immer, wenn sich in Deutschland der Haß auf alles andere breit macht, werden schon die Sprecher von Minimalpositionen zu Kämpfern für Demokratie und Freiheit und zu Feinden von Diskriminierung, öffentlicher Demütigung und Fremdenhass stilisiert.

Daß diese Ausgrenzungsmechanismen zum Patriotismus gehören wie der Teufel zum Weihwasser, hat nicht zuletzt der fröhliche Partypatriotismus der FIFA WM 2006© in Deutschland gezeigt. Die Verhöhnung des Gegners ist unstrittig Teil des Spiels, aber Fans gegnerischer Mannschaften nahe zu legen doch besser die Public Viewing Area© zu verlassen, da sie mit einer argentinischen Fahne schwenkten, mutet im Licht des kollektiven Deutschlandfähnchenschwenkens dann doch extrem bizarr an. Und zeigt schlußendlich wie sehr hier Freunde und Gäste eins waren.

Dieser Vorfall mag im Lichte der Ausfälle deutscher Fans in Bratislava Mitte Oktober '06 harmlos erscheinen und das ist er wahrscheinlich auch(?), aber es ist der selbe Geist der sich da Bahn bricht. Chauvinismus, Rassismus, Antisemitismus und vermeintliche Überlegenheit suchen sich eben verschiedene Wege und Träger. Deswegen ist die Debatte um das Spiel der deutschen Nationalmannschaft in der Slowakei eben nicht mit dem Schlagwort "Hooliganismus" zu fassen, zu erklären und damit auch irgendwie schon wieder aus der Welt geschafft, sondern all diese Vorfälle, Zwischenfälle, Vorkommnisse, Betriebsunfälle oder you-name-it sind vielmehr Symptom eines überbordenden Zusammenkommens einzelner mit dem Ganzen, bei dem sich beide auch endlich wieder sauwohl fühlen (dürfen). Der "Hooligan"/Rassist/Antisemit gehört zum profanen Deutschlandfan wie der Stollen zum Fußballschuh.

Daß eifrig über mögliche Konsequenzen gegen zunehmenden Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus nachgedacht, debattiert und auch welche gefordert wurden, schön und gut. Aber weder Appelle an die Zivilgesellschaft, noch eine Task Force werden das Problem wirklich lösen können, außer die Task Force würde bewaffnet jedes Spiel aller Ligen bis hinab zur Kreisklasse besuchen und dort für Ruhe und Ordnung sorgen, aber wohin das führen würde mag man sich gar nicht ausmalen. Die Scherze über dieses bestimmt bald als Task Farce zu bezeichnendes Gremium von DFB und DFL überlass ich anderen.

Zum Thema Patriotismus sei hier abschließend nochmal die Verlautbarung des I. Internationalen Kongresses zur Bannung des Schnurrbartes zum Anlass der Kürung des Preisträgers des Monats Juni zitiert:
"denn im euphemistischen party-patriotismus steckt v.a. eins, nämlich der patriotismus, den man sich auch nicht durch linksintellektuelle gegenentwürfe (verfassungspatriotismus etc.) schön trinken kann."

p.s. Links zu allen genannten Fußballvereinen fehlen aus gutem Grund!

1 Kommentar:

Julius Firefly hat gesagt…

OK OK, eigentlich gehören sie zusammen wie Pech und Schwefel.

What he said.
Fußball, wie so viele anspruchslose Fernsehsportarten, kann nur dann faszinieren, wenn man sich identifiziert (Verein, Nation, ...). Und das funktioniert immer nur in Abgrenzung zum (vermeintlich) Anderen.

Insofern ist Fußball eine Religion.