Mittwoch, November 08, 2006

Liars

Liars bestehen aus den beiden konstanten Mitglieder Angus Andrew (Gitarre, Gesang) und Aaron Hemphill (Gitarre, Gesang, Percussion), die die Liars in L.A. "gründeten", aber erst in New York mit zwei weiteren Musikern (Bass und Schlagzeug) als Band etablierten. Mittlerweile ist die Band in Berlin ansässig.

Zu Beginn ihrer Karriere - dem Erscheinen von They Threw Us All in a Trench and Stuck a Monument On Top - wurden sie in einem Topf mit den Strokes, Yeah Yeah Yeahs und anderen New Yorker Dancepunk-Bands geworfen. Daß diese Kategorie von Anfang an zu klein war, zeigte schon der knapp halbstündige Abschlußsong von They Threw Us All in a Trench and Stuck a Monument On Top. Auch wenn zumindest in einem Liedtitel eine Urband aller Dancepunk-Bands genamedropt wurde, nämlich ESG ('Tumbling walls buried me in the Debris with ESG'), ist ihr Sound dann doch nicht ganz untypisch für New York. V.a. auf dem Debüt nimmte er klare Anleihen beim New Yorker NoWave-Sound der frühen 80er, mit deren wichtigsten Vertretern (z.B. DNA, Contortions, Liquid Liquid) auch ESG häufig die Bühne teilten, sehr zur Verwunderung von ESG, wie sie in einem Intro-Interview vor etwas längerer Zeit* äußerten. Daß NoWave selbstverständlich neben Funk, Disco und PostPunk eine wichtige Inspiration für DancePunk war, soll hier nicht unerwähnt bleiben, hat allerdings im Bezug auf die Liars nur wenig erhellende Kraft. Interessanter oder fruchtbarer sind da eher Anknüpfungspunkte an den Sound der Minutemen oder Big Boys, die beide - neben einer kraftvollen und dem Punkgeist entlehnten Störrischkeit - Funkelemente in ihre Musik einfliessen liessen, jedoch ohne - und da liegt eine der entscheidenden Parallelen zu den Liars - auf Muckertum und Poserhaftes zurück zu greifen (wie es der Crossover der 1990er tat), sondern sich im Gegenteil eben gegen die machohafte Rockerhaltung der 1970er wendeten. Ihr Stilmischmash entsprang der Spielfreude, nicht dem Willen zur Angabe.

Daß die DancePunk-Kategorie den Liars zu klein war zeigte spätestens das zweite Album They Were Wrong, So We Drowned. Das als glasklares Konzeptalbum daher kam und von Hexen handelte. Auf personeller Seite wurden zwei Leute gegen einen getauscht (Drummer Julian Gross (spielte bereits auf der Split mit Oneida)), auf musikalischer Seite markierte es endgültig den Abschied von tanzbareren Sounds, aber auch von monolithischen 30-Minuten Stücken, sowie von 2-Minuten Stompern (a la 'Every Two Hours With a Ducks Fan', 'Mr You're On Fire Mr'). An ihre Stelle traten vier bis fünfminütige Songs, die ihre Inspiration eher aus Noise und Experimenten zogen. Diese stilistische Neuausrichtung führte nicht unähnlich zu den Ex Models hin zu Krautrock und Artpunk. Die Stop-and-Go-Elemente des ersten Albums und der folgenden EPs wichen einer lärmigen Monotonie, die die Musik für Fans von Emo-/Hardcore-Bands nicht gerade attraktiver machte. Für Leute, die mit Birthday Party, Big Black etc sozialisiert wurden aber gleich wohl.** Auf der Liars-Website gibt es zu jedem Song von They Were Wrong, So We Drowned ein Video!

Das ganzheitliche Video-Konzept wurde auf dem dritten Album Drum's Not Dead auf die Spitze getrieben. Auf der dem Album beiliegenden DVD (egal ob LP oder CD) ist das komplett verfilmte Album. Nicht einmal, sondern dreimal, jedesmal von einem anderen Regisseur/Animateur (neben den Bandmitgliedern Angus Andrew und Julian Gross auch vom Filmemacher Markus Wambsganss).

Inhaltlich ist Drum's Not Dead wieder ein Konzeptalbum, auf ihm wird der Kampf der beiden
Charaktere Mt Heart Attack und Drum vorgestellt. Diese sollen laut Angus Andrew die beiden in einer Person widerstreitenden Teile, Selbstvertrauen und Selbstzweifel, darstellen. Musikalisch wird der auf They Were Wrong, So We Drowned eingeschlagene Weg weiter verfolgt, dabei werden die Stücke ein wenig vom Noise entschlackt. Jedoch bleiben monotone Arrangements, die zunehmend perkussiver werden, das bestimmende Element.


Abschließend bleibt festzuhalten, daß bestimmt nicht solche Schmierlappen, Klappstühle oder -spaten wie die Strokes oder Franz Ferdinand oder you-name-it zu den Retter des Rocks hochgeschrieben werden müssen, wenn es eine Band wie die Liars gibt.


*leider ist besagter Artikel nicht online bei intro.de einsehbar und meine Printausgabe zusammen mit vier weiteren Jahrgängen intro einem Wasserschaden zum Opfer gefallen, also reines Gedächtniszitat.

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Wie man anlässlich eines gemeinsamen Konzerts der Liars und der Blood Brothers beobachten konnte, nach den Blood Brothers und den ersten Tönen der Liars verließ ein Großteil der gut aussehenden Jungs mit Emoscheiteln, samt ihrer Freundinnen das Gebäude 9. Übrig blieb die Generation 28+, die das Gebäude 9 nur noch gut zur Hälfte füllte, aber dafür einer Kakophonie der Extraklasse beiwohnen durfte und wollte. Ich war selten so im Reinen mit meinem Alter!



Diskographie

They Threw Us in a Trench and Stuck a Monument On Top
(2001, Gern Balndsten, CD/Vinyl)


Fins To Make Us More Fish-Like
(2002, Mute, CD/Vinyl)


Oneida Split, Atheists, Reconsider
(2002, Aren Rock Recording Co., CD/Vinyl)


We No Longer Knew Who We Were
(2003, Mute(?), CD/Vinyl)


There's Always Room on the Broom
(2004, Mute(?), CD/Vinyl)


They Were Wrong So We Drowned
(2004, Mute, CD/Vinyl)


Split with YYY's 7 inch Single
(Vinyl/Japan & Australia Only)


We Fenced Other Gardens With The Bones Of Our Own
(2004, Mute(?), CD/Vinyl)


It Fit, When I Was a Kid
(2005, Mute(?), CD/Vinyl)


The Other Side of Mt. Heart Attack
(2006, Mute(?), CD/Vinyl 7")


Drum's Not Dead
(2006, Mute, CD/Vinyl)

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